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Hasselblad X1D II mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH.

Leica M Objektive an der Hasselblad X1d II

März 2023 - Die Adaptierung von Fremdobjektiven gehört sicherlich in die spannende Kategorie "Experimentelle Fotografie".
An der Mittelformat-Kamera Hasselblad X1D ist z.B. über Novoflex-Objektivadapter die Verwendung zahlreicher Fremdobjektive möglich, immer begleitet von der Frage, ob das überhaupt sinnvoll funktioniert - und was es im Ergebnis bringt, ob nicht eventuelle Einschränkungen die Möglichkeiten zu sehr begrenzen.

Novoflex bietet Adapter für Hasselblad V-Objektive, Nikon Objektive, Contax/Yashica, Leica M-Mount und Leica R-Objektive, Minolta MD/MC Objektive zur Verwendung an der Hasselblad X1D (II).

Hier behandeln wir die Verwendung von Leica M Objektiven an der Hasselblad X1D (II)

Sensorformate, Farbfilter und Mikrolinsen

Zunächst geht es um den Einsatz von Objektiven, die aufgrund ihrer Konstruktion für Vollformat-Sensoren (Full Frame) vom Seitenverhältnis 3x2 (36x24mm) nicht dafür vorgesehen sind, an einer Mittelformat Kamera wie der Hasselblad mit Seitenverhältnis 4x3 (44x33mm) zu funktionieren.

Grund sind geometrische Bedingungen des Einfalls- und Austrittswinkels von Licht bei Objektiven und eine entsprechend angepasste Farbfilter-Anordnung und das Mikrolinsen-Design auf dem Sensor. Auf dem Sensor liegen über die Fläche progressiv versetzte Mikrolinsen, deren Brechwirkung sich in einem bestimmten Verhältnis allmählich steigert, um den unterschiedlichen Einfallswinkeln bis in die Ecken gerecht zu werden. Gerade bei Weitwinkelobjektiven müssen die auf das Glas auffallenden Lichtstrahlen besonders "weitwinklig" erfasst und dann im Objektiv stärker gebrochen werden, um die Filmebene zu erreichen, als bei Objektiven mit langer Brennweite. Und gerade Leica M-Sensoren müssen mit teils extremen Einfallswinkeln in den Ecken fertig werden aufgrund der besonders kompakten Bauweise dieser Kameras und deren vergleichsweise kleinen Objektiven. Und so unterscheiden sich in den Kameras vieler Hersteller nicht die Bauart und Zulieferer der Sensoren (CMOS-Sensortechnik), sondern die darauf aufgesetzten Filter und Mikrolinsen. Beispiel: Selbst das Filterpaket und die Mikrolinsen der Fujifilm GFX und der Hasselblad X1D unterscheiden sich – obwohl bei beiden Herstellern in beiden Kameramodellen der gleiche Sensor verwendet wird.

Leica Objektive werden deshalb immer an einer Leica besser funktionieren.
Im Bild ist dies gut erkennbar in der Vignettierung, der starken Abschattung in den Randbereichen. Beim verwendeten Objektiv entsteht die Vignettierung nicht aufgrund einer mechanischen Begrenzung des Bildkreises, sondern einer weichen Abschattung zum Bildrand hin, was auch durch das für Leica Objektive "ungünstige" Mikrolinsendesign der Hasselblad begründet werden kann. Die Vignettierung ist mit Software wie Adobe Lightroom oder Hasselblad Phocus übrigens gut korrigierbar.


Elektronischer Verschluss

Eine weitere Einschränkung bei Fremdobjektiven ist der elektronische Verschluss im Gehäuse der Hasselblad X1D, der in der Kombination von Fremdobjektiven wie Leica M-Objektiven mit der Kamera verwendet wird. Bei Hasselblad befindet sich traditionell der mechanische Verschluss (Zentralverschluss) jeweils im Objektiv, dies ist bei Leica Objektiven nicht gegeben, hier befindet sich der Verschluss in der Kamera.

Die Auslesezeit des großen Hasselblad Mittelformat-Sensors bei rein elektronischem Verschluss ist auf 300ms festgelegt, also die Zeit, in der der Sensor "von oben nach unten" liest, auch wenn die horizontale Auslesezeit (bis 1/10.000s kürzeste Verschlusszeit) sehr viel kürzer ist. Horizontal wird schnell ausgelesen innerhalb der regulär eingestellten Verschlusszeit, vertikal "Linie für Linie" dauert es eben 1/3 Sekunde zur kompletten Bilderfassung.

Flackernde Lichtquellen führen dabei zu Streifenbildung, siehe Exkurs rechts. Im Motiv unten erkennen Sie diese Problematik sehr gut ("Rolladeneffekt"). Nur wenn die Belichtungszeit um deutlich unter 1/100s gesenkt wird, kann die Streifenbildung vermieden werden.

Eine weitere "Gefahr" der langen Auslesezeit des Sensors sind bewegte Objekte, da die Vertikalen verwackeln können, d.h. sich Motive bereits wieder bewegt haben, bevor die Kamera die unteren Zeilen des Sensors "berechnet" hat.

Exkurs: Eine Eigenschaft künstlicher Lichtquellen ist das "Lichtflimmern". Darunter versteht man Schwankungen der Helligkeit des Lichts. Die Hauptursache dieser Schwankungen liegt darin, dass künstliche Lichtquellen mit Wechselstrom betrieben werden. Ändert sich die Stromstärke, wie das bei Wechselstrom mit einer Frequenz von 50 Hz der Fall ist, ändert sich die Helligkeit 100 mal pro Sekunde. Anders als Glühlampen reagieren Kompaktleuchtstofflampen und LEDs schnell auf diese Schwankungen der Stromstärke, was sich als Flimmern bemerkbar machen kann. Das Flimmern kann bis maximal 100 Hz bewusst wahrgenommen werden. Oberhalb dieser Frequenz kann das Auge die Helligkeitsänderungen nicht mehr auflösen und das Licht wird als gleichmäßig wahrgenommen. Allerdings gibt es auch Berichte über Beschwerden wie Kopf- oder Augenschmerzen oberhalb dieser sogenannten Flimmerverschmelzungsfrequenz.

In unserem Beispiel verwenden wir das Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH., das eine gute Balance aus Bildqualität, Auflösung, Kantenleistung, Lichtstärke, Haptik, Bildwinkel (40mm Kleinbild-Equivalent) bietet. Mit diesem Objektiv an der Hasselblad X1D entsteht eine kompakte Kamera mit einer einzigartigen Wiedergabe bei Offenblende, einem besonderen Bokeh und Cinematic-Bilderlebnis bei vergleichsweise wenigen Problemen, die mit Bildbearbeitungssoftware wie Adobe Lightroom oder Hasselblad Phocus gut korrigierbar sind.

Hasselblad X1D II mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH. bei Offenblende 1.4; unbearbeitet "aus der Kamera

Diesen Eindruck der Freistellung von Motiven, der Dreidimensionalität der Bildwirkung und den besonderen Schärfe/Unschärfe-Kontrast erhalten wir nur bei den hohen Lichtstärken bei Offenblende wie bei diesem Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH.

Im folgenden Bildvergleich sehen Sie auf der linken Seite die Aufnahme mit dem Hasselblad XCD 45mm 3.5, auf der rechten Seite mit dem Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH., beide Objektive auf Blende 3.5, was der Offenblende des Hasselblad XCD Objektives entspricht. Abgeblendet auf 3.5 werden die Objektive einander ähnlicher und die Originalobjektive spielen mit größerer Blendenzahl ihre Abbildungsqualitäten immer deutlicher aus.


Linke Seite mit Hasselblad XCD 45mm 3.5 | Rechte Seite mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH.
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Linke Seite mit Hasselblad XCD 45mm 3.5 | Rechte Seite mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH.
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Linke Seite mit Hasselblad XCD 45mm 3.5 | Rechte Seite mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH.
Linke Seite mit Hasselblad XCD 45mm 3.5 | Rechte Seite mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH. | Beide Objektive auf Blende 3.5

Hasselblad X1D II mit Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH.

Vignettierung:

Insbesondere viele Vollformat-Weitwinkelobjektive (36x24mm) bieten keine ausreichende Abdeckung für das 44x33mm Bildfeld des Mittelformates der Hasselblad ohne harte, mit Software nicht korrigierbarer Vignettierung in den Ecken bei jeder Blende. Insbesondere viele der kompakten Leica-Objektive sind aufgrund ihrer Größe physikalisch begrenzt und bieten keine ausreichende Abdeckung ohne harte Abschattungen in den Ecken bei jeder Blende.
  • Zeiss ZM 21mm 2.8, Zeiss ZM 28mm 2.8, Zeiss ZM 35mm 2.8, Zeiss ZM 35mm 2.0, Zeiss ZM 50mm 2.0
  • Leica Elmarit-M 24mm 1.4 ASPH, Leica Elmarit-M 28mm 2.8 ASPH, Leica Summarit 35mm 2.4, Leica Summilux 35mm 1.4 (II), Leica Summarit 50mm 2.4, aktuelles Leica Summicron 50mm 2.0, Leica Noctilux 50mm 0.95 ASPH, Leica Noctilux 50mm 1.0

Objektive mit angemessener Abdeckung bei auftretender "weicher" Vignettierung (softwaremäßig korrigierbar)
  • Zeiss ZM 35mm 2.0, Zeiss ZM 50mm 1.5
  • Leica Summilux 50mm 1.4 ASPH., Leica Summicron 75mm 2.0 APO ASPH., Leica Summicron 90mm 2.0 APO ASPH.

"Harte" Vignetierung bei Hasselblad X1D 50C II mit Leica Noctilux 50mm 1.0; zusätzlich sichtbar der oben beschriebene "Rolladeneffekt" in Verbindung mit künstlichen Lichtquellen